Die meiner Ansicht nach spannendste und gleichzeitig wichtigste Frage im (Einzel-)Unterricht ist die nach Motivation – und zwar möchte ich konkret einige rudimentäre Gedanken zur Motivation des Schülers ausführen.
- Woher kommt sie?
- Wie kann man sie steigern?
Einerseits muss man echte Gründe haben (und diese fühlen), um aktiv zu sein und beispielsweise für Prüfungen zu lernen, andererseits muss man auch im Innersten überzeugt sein, dass man es schaffen kann, sodass sich der Aufwand lohnt. Wenn eine dieser beiden notwendigen Bedingungen verletzt ist, sieht es meiner Erfahrung nach schlecht mit Motivation aus. In beiden Fällen wird man nach Ablenkungen suchen und sich z.B. eher „Binge Watching“ auf Netflix oder Youtube hingeben. Keine echten Gründe zu lernen sind:
- Autoritäres Verhalten (führt zu Ablehnung der Person und des gesamten Faches)
- Finanzielle Anreize für gute Noten (können bei kreativen Tätigkeiten sogar das Gegenteil bewirken)
- Aufgezwungene Leistungsüberprüfung seitens des Nachhilfelehrers
Man kann dies in der modernen Motivationsliteratur nachlesen („Drive: The Surprising Truth About What Motivates Us“). Ich kann diese Punkte mit meiner Erfahrung nur bestätigen. Echte Gründe dagegen können sein:
- Redliches Interesse am Fach
- Angst vor schlechten Noten, weil Selbstwert daran geknüpft ist
- Angst jemanden zu enttäuschen, den man respektiert
- Abschlussnote ergattern, um seine wahren Ziele zu verfolgen („Ich studiere Jus, ich werde in meinem Leben nie wieder Mathe brauchen.“)
Erst vor kurzem kam mir ein Negativbeispiel dafür, wie man (in diesem Fall) eine Klasse motivieren kann, zu Ohren: Die gesamte Klasse stand kurz vor Jahresende auf „Nicht Genügend“. Am Ende wurden doch noch so viele Schüler auf „Genügend“ korrigiert, dass das Schuljahr zufriedenstellend abgeschlossen werden konnte. Natürlich haben Klassenlehrer mein vollstes Verständnis. Nichts ist schwerer als immer denselben Stoff zu wiederholen und im Mittel 2 motivierte Schüler in der Klasse zu haben. Der Schüler teilte mir mit, dass es für ihn einfacher sei, sich eine Fünf abzuholen als für eine Eins motiviert zu werden. Das fand ich sehr interessant. Es lag am Umfeld, an der Relation zu den anderen und an der nicht inspirierenden Atmosphäre dass dieser Schüler, der in den ersten Schuljahren laut eigener Aussage immer der Beste war, nichts mehr machen wollte. Man erfährt noch viel mehr interessante Details, wenn man einfach mit den Schülern redet und die Gründe für Desinteresse hinterfragt. Wie kann man also optimal an einer Motivationssteigerung arbeiten und den maximalen Erfolg für den Schüler herausholen. Zwei Best Practices:
1) Das Prinzip Freude
Ein Buch von Shawn Achor (The Happiness Advantage) fasst Ergebnisse aus dem Bereich Positive Psychology gut zusammen und enthält die Kernaussage: (Lern-)Erfolg folgt auf Freude und nicht umgekehrt. Ich sehe meine Schüler als Freunde und Kollegen, die ich ein Stück auf ihrem Weg begleiten darf. Gegenseitige Wertschätzung ist die Basis für Lernerfolg. Der Schüler muss wissen, dass mir sein Lernerfolg am Herzen liegt. Wichtig ist dabei immer der Spaß. Denn ernsthaft: Warum sollte man sonst zusammenarbeiten, wenn man keine Freude dabei hat?
2) Niemals tadeln
Spätestens seit Dale Carnegie weiß man, dass Positive Reinforcement durch Lob wesentlich effektiver ist als Tadel. In den seltensten Fällen steigert sich die Motivation durch Kritik. Wenn ein Schüler gute Leistungen bringt, viel selbst übt, lobt man ihn dafür. Wenn er noch nicht so motiviert ist, wird man das nicht ändern, indem man ihn dafür tadelt. Verständnis ist der Schlüssel zur Kooperation. Der heilige Gral: Vielleicht finde ich irgendwann den heiligen Gral, die magische Wortkombination, den wundersamen Algorithmus, wie man jeden Schüler in Kürze zu Höchstleistungen motivieren kann. Realistischer ist dagegen aber, dass sich die Best Practices immer weiter verbessern werden, sodass man noch treffsicherer auf die Bedürfnisse der Schüler eingehen kann.
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