Blicke und Blickkontakt in der Unterrichtssituation

Blicke und Blickkontakt in der Unterrichtssituation

Veröffentlicht am: 30.09.2016

Blicke und Blickkontakt im Unterrichtsgeschehen sind ein wichtiges Mittel, um die Klasse zu lenken und Kontakt mit den einzelnen Personen aufzubauen.

Der nachfolgende Text beschreibt einige Blickarten und beurteilt sie nach ihrem Nutzen:

"Fixpunkt"

Obwohl bei der Präsentation eines Themengebiets versucht werden soll, Blickkontakt mit verschiedenen Personen im Publikum zu halten, gelingt dies oft nicht, da viele JunglehrerInnen zu sehr mit dem Aufrechterhalten des Sprachflusses beschäftigt sind. Ihr Blick gleitet daher meistens nur zwischen den vermeintlich rettenden Notizen und wenigen SchülerInnen, und der Großteil des Publikums wird unabsichtlich ignoriert. Eine beliebte Hilfestellung ist die Fixpunkt-Methode.

Hierbei wird ein Punkt am anderen Ende des Raumes angepeilt und nachfolgend zu diesem gesprochen beziehungsweise geblickt. Dass diese Technik bei TheaterschauspielerInnen, die ihren Blick weit jenseits der Bühne glaubhaft vermitteln sollen, funktioniert, ist allerdings kein Garant für ein gutes Funktionieren in einer Unterrichtssituation, denn das schulische Publikum hat andere Ansprüche und Bedürfnisse und verdient dementsprechend auch klare Führung. Diese methodologische Altlast, die manchmal noch JunglererInnen beigebracht wird, um die stressigen Minuten während einer mündlichen Präsentation zu überstehen, ist allerdings nur bedingt hilfreich. Der Blickkontakt erfüllt die Aufgabe, mit dem Publikum eben Kontakt aufzunehmen, diesen zu halten, ihn gegebenenfalls wieder aufzubauen und die Anwesenden wissen zu lassen, dass man sich ihrer bewusst ist und sie wahrnimmt und auch annimmt. BildungsforscherInnen sagen, dass diese Methode auch bei jungen LehrerInnen undLehramtsstudentInnen zu beobachten ist, die ihre Nervosität noch nicht im Griff haben. Auch in ihrem Fall ist es wahrscheinlich, dass die SchülerInnen sich über auf lange Sicht abwenden und das Interesse verlieren, daher sollte die Hilfestellung, die ein Fixpunkt bietet, nur die Ausnahme und nicht die Regel sein.

"Plus-Mensch"

Wenn JunglehrerInnen am Beginn einer Unterrichtsstunde Schwierigkeiten haben, einen geeigneten Einstieg zu finden und die Klasse zu aktivieren, muss zuerst ein entsprechendes Klima hergestellt werden, denn sonst wird die Lehrkraft hauptsächlich um ihrer selbst Willen sprechen. Sofern man nicht mit der sprichwörtlichen Faust auf den Tisch hauen möchte, sollte durch die Aufnahme von Blickkontakt versucht werden, die Klasse aufnahmebereit zu machen. Wenn sich die Klasse durch gesenkte oder abgewandte Blicke aber nicht erreichen lässt, kann sich die Lehrkraft durch einen einfachen Trick behelfen: den “Plus-Mensch”.

Dieser ist eine Person in der Klasse, die trotz allen Unmutes oder Desinteresses der anderen einen aufgeschlossenen Eindruck macht, und diese Person kann letztlich den Brückenschlag zum Rest der Klasse bedeuten. Es herrscht zwischen LehrerInnen und SchülerInnen neben einem Unterschied hinsichtlich Autorität auch ein Wahrnehmungsgefälle, was bedeutet, dass LehrerInnen zwischen sich und ihrem Publikum eine “1 zu N”-Beziehung wahrnehmen, also von einem/r zu vielen, umgekehrt aber die SchülerInnen eine “1 zu 1”-Beziehung mit der Lehrkraft. Aus der Sicht der LehrerInnen stehen sie als Einzelperson einer Gruppe gegenüber, daher können alle in der Gruppe das Gesagte oder Getane potenziell auf sich beziehen, sofern niemand explizit angesprochen wird. Wenn nun Kontakt mit dem Plus-Mensch aufgenommen und gehalten wird (durch Blicke und Lächeln), überträgt sich dieser Kontakt auf die anderen, und kurze Zeit später sollte die Klasse aktiviert sein.

"Schwenk"

Bei längeren, monologischen Vorträgen in Frontalunterrichtsituationen, insbesondere in Kombination mit häufigem Anschrieb an der Tafel, verliert sich der Blickkontakt zwischen LehrerInnen und SchülerInnen häufig. Um ihn binnen kurzer Zeit mit mehreren SchülerInnen wieder her zu stellen, gibt es die Möglichkeit des Schwenks. Die Rede vor der Klasse kann durch eine langsame aber konstante Bewegung des Kopfes begleitet werden, wobei je nach Grad der Drehung jeweils Blickkontakt mit der nächsten Person aufgenommen und kurz gehalten wird. Dies erfordert bei den Lehrkräften allerdings einen gewissen Grad an Konzentration, beziehungsweise ein Maß an Routine und Selbstsicherheit, um sich nicht unabsichtlich selbst den Redefluss abzuschneiden.